2023 07 03 Messialarm in Graz

Einsatz in einer „Messie-Wohnung “ in Graz-Andritz

Normalerweise berichten wir eher wenig von den teilweise sehr speziellen Einsätzen die unsere Rettungsfahrer ableisten müssen.

Einen „Sonderfall“ hatten wir aber im Juni 2023 in Graz-Andritz und deshalb gibt es ein paar Zeilen aus dem polizeilichen Einsatzbericht dazu.


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Am 22.06.2023 wurde ich vom Veterinärreferat der Stadt Graz angerufen um bei einer behördlichen Wohnungsöffnung als Sachverständiger für Reptilien anwesend zu sein.

Der Besitzer der Wohnung wurde aufgrund psychischer Probleme in das LKH Graz II Süd verbracht und gab dort an in seiner Wohnung in Graz-Andritz 3 „Wasserschlangen“ und eine Giftschlange frei in der Wohnung zu haben.

Bei der Wohnungsöffnung um 14:30 Uhr waren neben zwei Amtstierärzten auch noch 2 Beamte aus der PI –Andritz anwesend.

Als ich die Türe zur Wohnung öffnete, fiel mir auf, dass es sich um eine sog. Messie-Wohnung handelte.

Es war fast nicht möglich in die Wohnung zu gelangen da die Eingangstüre sich nur einen Spalt weit öffnen ließ.

Beim Wegräumen von „ Inventar“ hinter der Türe entdeckte ich unter einem ca. 1 Meter hohen Berg von Kleidung und sonstigen Gegenständen zufällig eine rostige Grablaterne.

In dieser befanden sich 3 Stück lebendige Äskulapnattern (Zamenis longissimus).Die Laterne hatte die ungefähren Ausmaße von 25cmx25cm.x25cm.

Aus meiner Sicht als behördlich bestellter Sachverständiger für Gefahrentiere, war es deshalb nötig, im Hinblick auf eine mögliche Allgemeingefährdung, die Wohnung versiegeln zu lassen und mich mit 2 zusätzlichen Gefahrentierspezialisten aus dem Reptiliennotdienst dahingehend abzusprechen.

Nach genauer Abwägung der Situation kamen wir zu dem Schluss, dass jedes einzelne Kleidungsstück und sonstige Gegenstände untersucht und aus der Wohnung verbracht werden müssen um dieses Tier finden und sicherzustellen zu können.

Nachdem ich am Dienstag den 27.06.23 nochmals in die Wohnung gegangen bin um die ausgelegten Wasserstellen aufzufüllen, konnte am Freitag den 30.06.23 mit der Suche nach dem Tier begonnen werden.

Um dabei die Eigensicherung zu gewährleisten war es nötig mit drei Personen an diese schwierige Arbeit heranzugehen.

Die drei Gefahrentier-Spezialisten und Rettungsfahrer Markus Mossauer aus Zeltweg, Rainer Fesser aus Groß-Klein sowie Werner Stangl aus Graz trafen sich an der Örtlichkeit  mit der Leitung des Grazer Veterinärreferates (Mag. Gruber-Dr.Klöpfer) und diensthabenden Polizeibeamten (PI- Andritz) und begannen um ca.9.15 Uhr mit der Suche.

Die Arbeit gestaltete sich als sehr schwierig, zumal kein Boden zu sehen war und jedes einzelne Kleidungsstück oder jeder Gegenstand mühsam durchsucht werden musste. Der Boden der gesamten Wohnung war teilweise bis zu einem Meter hoch mit Gerümpel übersäht.

Ein vorhandenes Bett konnte erst nach 1 Stunde in der ca. 20 qm. großen Wohnung unter unzähligem Inventar gefunden und freigelegt werden.

Zusätzlich war es in der Wohnung extrem stickig und schwül, da wir kein Fenster öffnen konnten.

Die Suchmannschaft musste dabei über die gesamte Dauer der Suche mit Schutzkleidung wie bissfesten Beinschutz (Gamaschen) und Sicherheitshandschuhen (Hexamor) arbeiten.

Dennoch gelang es nach ca. einer Stunde eine lebende Schlange sicherzustellen. Bei dem Tier handelte es sich um eine einheimische Würfelnatter (Natrix tesselata). Das Tier, ein adultes Weibchen, war eindeutig trächtig.

In einem Sack verschnürt konnten wir etwa 20 tote Weinbergschnecken finden und um ca. 14:00 Uhr nochmals 2 Schlangen in einem Karton.

Bei den beiden, leider bereits kurz verendeten Tieren, handelte es sich ebenfalls um ein Würfelnatter- Jungtier aus dem Vorjahr sowie ein semiadultes Exemplar.

Um 15:00 Uhr konnte die Suche innerhalb der Wohnung beendet werden.

Zu diesem Zeitpunkt konnte keine, wie vom Besitzer angegebene, gelbe Giftschlange weder lebend noch verstorben aufgefunden werden.

Insgesamt wurden neben offensichtlichem Diebesgut, sowie ein größerer Bargeldbetrag (Übergabe PI- Andritz) 3 Stück Äakulapnattern( Zamenis longissimus) lebend, 2 Stück Würfelnattern (Natrix tesselata) tot sowie eine Würfelnatter lebend in der Wohnung aufgefunden und sichergestellt.

Nicht unerwähnt sollten auch nicht die qualvoll verendeten 20 Weinbergschnecken bleiben.

Anzeigen wegen Tierquälerei und Vergehen gegen das Naturschutzgesetz wurden aufgenommen.

Sämtliche lebend aufgefundenen Tiere wurden im Vogelschutzgebiet (Mündung Andritzbach-Mur) in die Freiheit entlassen. Die toten Tiere wurden fachgerecht entsorgt.

Ich möchte mich an dieser Stelle wieder einmal bei unseren Vereinsmitgliedern Rainer Fesser und Markus Mossauer für die vorbildlich abgeleistete Arbeit unter den wirklich sehr schwierigen Bedingungen (Hitze, Gestank, Ekel und möglicherweise einer freilaufenden gelben Giftschlange) bedanken.

Dieser Fall zeigt wieder einmal wie wichtig es ist, einen professionellen Notdienst für die sehr wenigen Vorfälle mit gefährlichen Wildtieren in der Steiermark zu haben.

Werner Stangl