2019 10 17 Hornotter Bericht in der Kronenzeitung

 „Schutz der steirischen Hornotter“

 

Die EU Richtlinie 92/43EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen(Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) verpflichtet in ihrem Artikel 11 alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, den Erhaltungszustand der in den Anhängen1, 2, 4 und 5 genannten Richtlinie angeführten Lebensraumtypen und Arten von gemeinschaftlichem Interesse zu überwachen (sog. Monitoring).

Die österreichischen Bundesländer haben die Umweltbundesamt GmbH beauftragt, mit beigezogenen Experten und Expertinnen dieses Monitoring in den Jahren 2017 und 2018 durchzuführen. Für bestimmte Lebensraumtypen, Tier- und Pflanzenarten wurden Untersuchungsflächen für das Monitoring ausgewählt und auf diesen Flächen entsprechende Erhebungen durchgeführt.

Als Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH-Landesgruppe Steiermark), welche als Projektträger fungierte, war ich befugt, Erhebungen zum Zustand der Population der Europäischen Hornotter (Vipera ammodytes) an den letzten drei bekannten Standorten in der Steiermark durchzuführen.

Im Tal der Olsa (südlich des Neumarkter Sattels) befinden sich zwei Vorkommen, ein weiteres Vorkommen befindet sich in der Südsteiermark (Leutschach). Aus Schutzgründen (illegaler Absammlung etc.) werden alle drei Standorte nicht näher beschrieben.

Das Projekt

Für dieses Monitoring wurden drei Begehungen genehmigt, was aber verständlicherweise bei weitem zu wenig ist, um ein zufriedenstellendes Kartierungsergebnis zu erzielen. Daher war eine freiwillige Mehrleistung dringend erforderlich. Diese wurde auch mit sieben Begehungen pro Standorte erbracht.
Ein besonderer Standort ist eine knapp 100 m hohe und ca. 70 m breite, steil nach Süden abfallende Felswand mit einem Plateau im oberen Bereich. Das gesamte Areal ist von Wald umgeben, auf dem Plateau stehen mehrere Gebäude. Der Lebensraum der Hornotter umfasst hier vor allem eine Sockelkante im oberen Bereich des Steilhangs, die zerklüftete, teilweise senkrechte Felswand und die darunterliegende Geröllhalde. Der Bereich umfasst unter anderem eine Geländestufe von ca. 70 Meter Länge und maximal 1,30 Meter Breite in etwa 100 Meter Höhe über dem Talboden am Fuße einer Steinmauer. Aufgrund der Besonderheit dieses Lebensraumes war an ein herkömmliches Kartieren nicht zu denken. Man kann zwar vom Rand des Plateaus kleine Teile des Lebensraumes von oben einsehen, aber selbst dies ist sehr schwierig, da man sich dafür teilweise aus den schmalen Fensterschlitzen der darüber liegenden Gebäude lehnen muss, um freie Sicht zu haben. Eine längere und genaue Beobachtung des Lebensraumes war also so nicht möglich. Da ich seit längerer Zeit über eine Kamera-Drohne verfüge, welche ich für Naturfotografie einsetze, kam mir die Idee, die Steilwand mit Hilfe dieser Technik zu erkunden. Zusätzlich wollte ich auch aktuelle Luftaufnahmen vom gesamten Areal einschließlich der angrenzenden Waldstücke machen. Schon bei den ersten Testflügen konnte ich sehr gute Bildaufnahmen vom Lebensraum aufnehmen und so kam es, dass ich erstmalig diese Technik als Instrument für die Kartierungsarbeit heranzog.

Obwohl alte Fundmeldungen bestätigen, dass sich immer wieder Tiere kletternd von der Steilwand bis in den Hofbereich zwischen den Gebäuden hineinwagten, konnte ich bis jetzt keine Tiere in diesem Areal beobachten. Mit Hilfe der Luftbilder konnte ich aber auch Areale einsehen, wo frühere Lebensräume der Tiere durch Verbuschung und Verwaldung verloren gegangen waren. In diesen Bereichen waren noch kleine unbeschattete Stellen als Lücken in der Vegetation vorhanden, wo ich tatsächlich auch einige Tiere beim Sonnenbaden beobachten konnte.

Mit diesen Informationen entstand die Idee, den Standort als Lebensraum für diese Schlangenart möglichst in seiner früheren Größe und seinem ursprünglichen Bewuchs wiederherzustellen. Nach kurzer Absprache mit Forstwirten und Biologen des Steirischen Reptilien- und Amphibienvereines, dem ich als Obmann vorstehe, konnten wir das

Projekt zur Erhaltung der letzten steirischen Hornottern starten.

Ein Ziel dieses Projektes ist es, über mindestens fünf Jahre eine Datenbank über die Populationsgrößen und den Bewuchs auf den Flächen dieser drei Standorte in der Steiermark zu erstellen. Ein weiteres Ziel ist, auf deren Kernflächen, welche ein Ausmaß von insgesamt 2.200 m² haben, Rodungs- und in späterer Folge Pflegemaßnahmen durchzuführen, und so zusätzliche Lebensräume für die Hornottern zu schaffen, sowie die Populationsentwicklung auf diesen Flächen zu dokumentieren. Die gewonnenen Daten werden nach Beendigung der Arbeit selbstverständlich der Forschung zur Verfügung gestellt. Da einige Mitglieder des Vereines in der Nähe dieser drei Standorte wohnen, kann dieses Projekt über einen langen Zeitraum ehrenamtlich umgesetzt werden. Um diese Arbeiten an den drei Standorten überhaupt durchführen zu können, wurden mit den zuständigen Grundstücksbesitzern bzw. -nutzern vorab Lokalaugenscheine abgehalten und Gespräche geführt. Sowohl die Eigentümer des Grundes, auf dem sich die Hornottern-Population bei Leutschach befindet, als auch die Nutzer des Lebensraumes bei Neumarkt setzen sich seit vielen Jahren sehr für den Schutz der Flora und Fauna in ihrer Region ein, und so bekamen wir selbstverständlich „grünes Licht“ für dieses Projekt.

So kam es, dass sich eine Gruppe von elf Mitgliedern des Steirischen Reptilien- und Amphibienvereines in Neumarkt einfand, um mit den notwendigen Arbeiten zu beginnen.

Am ersten von bisher drei Arbeitswochenenden begannen wir, uns einen Weg durch die bereits stark belaubten Büsche (Haseln, Weiden, Hartriegel und Holunder) zu bahnen und mit Sensen den vorherrschend mit Brennnesseln bewachsenen Untergrund zu reinigen.

Einige große alte Reisighaufen, die von den Schlangen als Verstecke genutzt werden, wurden belassen und weitere neu angelegt. Aus losen, im Gelände herumliegenden Steinen wurden mehrere Steinschlichtungen errichtet, welche zur Freude aller Beteiligten schon am nächsten Tag von einem trächtigen Weibchen, als Sonnen- und Versteckplatz angenommen wurde.

Die Sträucher des ersten Teilareales (ca. 220 m²) sind vor sieben Jahren bis zum Wurzelstock geschnitten worden, die Triebe, die nachgewachsenen Triebe waren leicht und zügig zu schneiden oder abzuhacken. Ein Teil der Wurzelstöcke wurde auch ausgerodet, um ein Nachwachsen zu verhindern. Einzelne kleinere Büsche, die dann alle paar Jahre leicht zu beschneiden sind, wurden als Deckung und Schattenspender stehen gelassen.

Auf dem zweiten Areal ( ca. 500 m²) war früher Wald, der zwar geschlägert wurde, aber die Sträucher und Jungbäume wurden wesentlich früher beschnitten als in der ersten Fläche, waren daher größer und schwieriger zu entfernen. Zusätzlich gab es neben Bergahorn, Weiden, Eschen und Hartriegel jede Menge Himbeerhecken, Kletten und Wildrosensträucher herauszuschneiden. Das Areal ist zwar auf Grund der zeitweisen Beschattung durch Gebäude keineswegs optimal, dennoch kommt immer wieder am Tag genügend Sonne an die von uns bearbeiteten Flächen.

Die tägliche Dauer der Besonnung konnte durch unsere Arbeit – je nach Monat während der Aktivitätsperiode der Hornvipern – um zwei bis fünf Stunden erhöht werden. Die Erhebungen während des Monitorings haben gezeigt, dass auch in diesen ungünstig exponierten Arealen Hornvipern leben. Die Tatsache, dass sie dort leben, führt mich wiederum zur positiven Annahme, dass die Population an den günstigeren Stellen dicht genug ist, dass Tiere sogar in suboptimale Bereiche abwandern.

An den beiden anderen Standorten wurden ebenso Mäh- und weitere Rodungs- und Pflegearbeiten durchgeführt, darüber hinaus wurden auch gezielt Neophyten wie die Kanadische Goldrute und das Drüsige Springkraut entfernt.

Pflanzenarten, die im Zuge des Monitorings beschnitten worden sind

Olsatal:
Bäume: Esche (Jungbäume und Stockausschläge), Bergahorn (Jungbäume und Stockausschläge), Weide (Jungbäume und Stockausschläge), Fichte (Jungbäume).
Krautige Pflanzen: Goldrute (Neophyt), Brennessel, Klette, Beifuß, Klettenlabkraut.

Leutschach:
Bäume: Zitterpappel, Esche (Jungbäume und Stockausschläge), Bergahorn (Jungbäume und Stockausschläge), Weide (Jungbäume und Stockausschläge), Walnuss, Fichte (Jungbäume),
Kiefer (große und Jungbäume).
Baum-strauchartig gewachsen: Holunder, Hasel, Hartriegel, Feldahorn, Liguster, Waldrebe, Brombeere.

Danksagung

Es ist mir an dieser Stelle natürlich ein großes Anliegen, allen mitwirkenden Personen im steirischen Reptilien- und Amphibienverein, aber auch den Grundstückseigentümern der Areale meinen größten Dank auszusprechen. Ebenso bedanke ich mich bei den zuständigen Vertretern der Abteilung 13 Umwelt und Raumordnung, Referat Natur- und allg. Umweltschutz, die uns in wirklich unbürokratischer Art geholfen haben, dieses Projekt umzusetzen und speziell an Mag. Dr. Werner Kammel (Obmann ÖGH-Landesgruppe Steiermark).

Werner Stangl

(Obmann Steirischer Reptilien- und Amphibienverein)