Grazer Murkraftwerk Naturschutzgedanken

Gedanken zum Naturschutz am Beispiel Grazer Murkraftwerk !         Graz, im Februar 2017

Zum geplanten Bau des Murkraftwerkes Staustufe Graz gibt es ja schon seit längerem massive Gegenstimmen , die in den letzten Tagen ( mit Recht ), immer lauter werden.

Ich möchte gar nicht über die Sinnhaftigkeit dieses Projektes schreiben ( dazu gibt es sehr ausführliche Informationen wie Pro + Kontra auf den verschiedenen Plattformen ), sondern vielmehr über die mangelnde Bereitschaft der Stadt Graz, Tier-Arten und Naturschutz so auszuleben wie es ihre Verpflichtung ist.

Ich selbst bin in den letzten Wochen mehrmals an den betroffenen Stellen an der Mur gewesen um mir einen Überblick zur Situation machen zu können und ich muss sagen , dass ich wirklich schockiert bin.

Schockiert nicht nur über tausende ( Gesamt 18.000 !!) abgeholzte Bäume und die unzähligen Stümpfe die aus dieser trostlosen Ödnis noch rausragen sondern vielmehr über die  Tatsache, dass sich anscheinend niemand von den sog. Verantwortlichen Stellen wirklich für die betroffenen Tierarten einsetzt und diesem                   (widerrechtlichen ) Treiben ein Ende setzt.

In angeblich zahlreichen von der Stadt Graz und dem Energieversorger in Auftrag gegebenen Studien wurden Zahlen über Populationsdichten von Reptilien präsentiert und das man all diese Tiere absammeln würde und in geeignete Ersatz-Habitate einbringen wolle. Anscheinend stellt sich niemand die Frage wie man innerhalb einer Saison „Alle Würfelnattern“ einsammeln will und vor allem ob in diesen Ersatzhabitaten genügend Futterfische für die Tiere vorhanden sind.

Als Tierschützer tut es mir selbstverständlich um alle betroffenen Arten wie z.B.Eichhörnchen, Vögel, etc. aber im besonderen um die EU-weit geschützten Arten, wie Huchen, Fledermäuse und Reptilien wie die Würfelnatter, besonders leid. Die Würfelnatter ist die am stärksten an den Lebensraum Wasser gebundene Schlange Mitteleuropas.

Gerade infolge von Uferausbaumaßnahmen, Flussbegradigungen, Staustufenbau, Gewässerverschmutzung und Verkehrswegebau entlang der Ufer sind die Bestände im Laufe des 20. Jahrhunderts drastisch zurückgegangen. Aber auch zunehmender Freizeitbetrieb an den Flussufern oder Tötung bzw. Fang der Schlangen durch Angler, Bade- und Campinggäste stellen in bereits geschwächten Populationen eine ernste Gefahr dar. Häufig herrscht auch  Mangel an geeigneten und ungestörten Eiablageplätzen und Winterquartieren.

 

All diese Fakten die letztendlich ja  zum Schutz dieser Art ( wird gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Anhang IV gelistet und ist in Österreich laut „ Roter Liste gefährdeter Tiere Österreichs“ als stark gefährdet eingestuft- Gollmann 2007 ) geführt haben, scheinen diese sog. Verantwortlichen überhaupt nicht zu interessieren.

Und gerade die Stellen welche die Einhaltung dieses Schutzes der Tiere gewährleisten sollten verstecken sich hinter fadenscheinigen Argumenten welche teilweise nicht einmal beweisbar belegt werden können ( angebliches Absammeln von hunderten!! Nattern und Unterbringung in Kühlräumen, geeignete Ersatzhabitate, etc. etc. ).

Als Fachunkundiger würde man fast den Eindruck kriegen, dass die Würfelnattern ohne dieses Kraftwerk ja viel schlechter dran wären.

Auffällig ist für mich der Umstand, dass sich die „Ausnahmeregelungen“ im Verhältniss zum Regelfall eklatant häufen. Möglicherweise wird die Regel schön langsam zur Ausnahme gemacht ?

Sollte es sich letztendlich herausstellen, dass sich niemand von den verantwortlichen Stellen endlich klar zu den Tieren bekennt, würde ich behaupten, dass Tier-Arten und Naturschutz in der Steiermark faktisch nicht mehr existent ist. Im Anschluss noch die aktuelle Presseaussendung vom WWF und Naturschutzbund :

Der Obmann

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Presseaussendung

WWF und Naturschutzbund Steiermark: UVP-Auflagen beim Murkraftwerk klar verletzt !
Bagger überrollen europaweit geschützte Würfelnattern
Graz, Innsbruck 22. Februar 2017

Möglichst vollständig hätte die Energie Steiermark die streng geschützten Würfelnattern vor Beginn der Rodungen für
das Murkraftwerk absammeln und umsiedeln müssen. So schreibt es der gültige Bescheid des Umweltsenates vor. Tatsächlich handelte es sich um maximal zehn bis 20 Prozent. „Die  EStAG hat angegeben, dass vor dem Fällen der Uferbäume755 Würfelnattern abgesammelt wurden“, erklärt Gebhard Tschavoll vom WWF „.                In Wirklichkeit wurden jedoch nur 84 Exemplare der laut „Roter Liste“ stark gefährdeten Reptilienart in Sicherheit gebracht – eine eklatante Verletzung der UVP-Auflagen.“Die Beantwortung einer Anfrage nach dem Umwelt-Informations-Gesetz von
Naturschutzbund und WWF an Landesumweltanwältin Ute Pöllinger brachte diese neuen Tatsachen ans Licht. Sie hat Akteneinsicht in den Bericht der EStAG genommen.                                   In der Periode zwischen April und Oktober 2016 wurden lediglich 84 Exemplare, der laut der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU gefährdeten und streng geschützten Würfelnatter, gefangen und abgesammelt. Bei den  übrigen Tieren handelte es sich um andere Reptilienarten,  vor allem um Blindschleichen. Von Seiten der Landesumweltanwaltschaft wurde daraufhin eine Beschwerde bei der zuständigen UVP-Behörde eingereicht.

Dr. Werner Kammel, international anerkannter Reptilienexperte, leitete in den Jahren 2013 bis 2016 im Auftrag der Umweltanwaltschaft vergleichende Erhebungen in Sachen Würfelnatter an den  betroffenen Murufern. Bei den
Untersuchungen wurde klar, dass es sich um einen bedeutenden
Würfelnatter-Lebensraum handelt. Allein im Abschnitt Puntigamer Brücke bis zur Seifenfabrik konnten wir  mit unserem wissenschaftlich fundierten Monitoring  nachweisen, dass wahrscheinlich  800 – jedenfalls über 400 –
Würfelnattern dort leben und sich auch fortpflanzen“, so Kammel. DerRodungsbereich ist aber erheblich größer.                                             Oliver Gebhardt von der Steirischen Naturschutzjugend, der gemeinsam mit Dr.Kammel die Würfelnatter-Erhebung durchgeführt hatte, ist fassungslos:
„Obwohl man bei der EStAG über die  abzufangende Anzahl der Würfelnatter informiert war, wurden die Rodungen rücksichtslos durchgeführt. Die Auflage aus dem Verfahren, die Würfelnattern möglichst vollständig abzusammeln, wurde nicht erfüllt“.

WWF und Naturschutzbund Steiermark haben bereits bei der zuständigen
Umweltbehörde und bei Staatsanwaltschaft Anzeigen und
Sachverhaltsdarstellungen zur Würfelnatter eingebracht.               „Das Vorgehen der Energie Steiermark widerspricht den Anordnungen, die man laut UVP-Bestimmungen hätte durchführen müssen“, kritisieren Johannes Gepp, Präsident des Naturschutzbundes Steiermark und Gebhard Tschavoll vom WWF,
„die Behörde muss jetzt tätig werden!“ Erneut fordern die
Naturschutzorganisationen einen sofortigen Baustopp und Gespräche unter
Einbindung aller Beteiligten.

Rückfragehinweis:
Gebhard Tschavoll, WWF Kampagnenleiter Alpenflüsse,                    +43 676 83488303,
gebhard.tschavoll@wwf.at
Christine Podlipnig, Naturschutzbund Steiermark Pressesprecherin +43 316 322 377 12,
christine.podlipnig@naturschutzbundsteiermark.at
Mag. Dr. Werner Kammel, Landschaftsökologe                                               +43 664 2220941
office@wernerkammel.at
Oliver Gebhardt, Steirische Naturschutzjugend,                                       +43 664 38 52 343,
oliver.gebhardt@naturschutzjugend.at

Hannes Greber
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